Obgleich Glas als Materialität in der Kunst in den letzten 60 Jahren einen starken Wandel durchlebt hat, stellt Glaskunst – im Speziellen Glasskulpturen – ein mitunter wenig beachtetes Feld der zeitgenössischen Kunst dar. Bereits in der Frühgeschichte etablierte sich, mit Fokus auf die Herstellung von verzierten Alltagsgegenständen oder des Fensterbaus, das Glashandwerk in Europa. Mit Beginn der Christianisierung Europas rückte insbesondere die Gestaltung von Kirchenfenstern und Reliquien immer mehr in den Vordergrund des Handwerks. Zur Zeit des Absolutismus nahm der dekorative Aspekt des Materials zu, sodass neben alltäglichen Gebrauchsgegenständen wie Gläsern und Schüsseln, auch ornamentale Skulpturen erschaffen wurden. Doch erst die Atelierbewegung in den 1960er Jahren vermochte es den künstlerischen Aspekt des Materials – ohne die Hervorhebung der Nutzbarkeit – zu betonen. Der kunsthistorische Diskurs über die Materialität von Glas steckt auch heute noch in den Kinderschuhen und dies, obwohl das Material hervorragend das Zusammenspiel von Oberfläche und Licht, Reflexion und Farbe in abstrakten, der konkreten Kunst verpflichtenden, Kompositionen choreografiert und somit durchaus Raum für eine interdisziplinäre Auseinandersetzung von Handwerk und Kunst bietet.
Die Glasskulpturen Soft Series der dänischen Künstlerin Maria Bang Espersen, zeugen von einem unkonventionellen Umgang mit dem Material, der durch die gekonnte Verschmelzung von Handwerk und Kunst entsteht. Die avantgardistischen Skulpturen stechen durch ihre ineinander verdrehten Formen in zuckerartiger Farbgebung hervor. Der Titel Soft Series korrespondiert hervorragend mit diesem Zusammenspiel aus poppiger Farbe und verwobener Abstraktion. Maria Bang Espersen besuchte nach ihrer Ausbildung zur Glasbläserin in Dänemark und Schweden, the Royal Danish Academy of Design in Kopenhagen und studierte anschließend in Kalifornien und Texas Kunst. Ihr individueller Werdegang eröffnet ihr die Möglichkeit das erlernte Handwerk mit kunsttheoretischen Ansätzen zu verknüpfen, sodass sie mithilfe ihrer Ideen und neuartiger Formgebung bedeutungsvolle Kunstwerke aus Glas entstehen lassen kann. Herausstechend ist ihre tiefe Faszination für die Verarbeitung von Glas, die sich in ihrer außergewöhnlichen Arbeitsweise zeigt. So stellt sie sich bereits zu Beginn des Brennprozesses immer wieder neuen Herausforderungen. 2012 startete sie u.a. ein Projekt mit dem Titel Craftformation, in dem sie Glas mithilfe von Druckluft zum Explodieren bringt, wodurch es anschließend sehr feine Glasfäden spinnt, die sie zu einer Skulptur formt. Sie spielt in ihren Arbeiten immer wieder mit der metaphorischen Bedeutung der widersprüchlichen Begriffe von Transparenz und Klarheit. Die Transparenz der Materialität zeige etwas Unsichtbares, wohingegen die Klarheit für Wissen stehe. Diese beiden unterschiedlichen Bedeutungen der Glasstruktur kollidieren miteinander und erzeugen dadurch ein interessantes Narrativ. Zwei ihrer Skulpturen aus der Soft Series wurden bereits vom Victoria and Albert Museum in London gekauft und sind dort in der Sammlung zu sehen. Daneben konnte sie bereits an verschiedenen internationalen Einzel- wie auch Gruppenausstellungen teilnehmen, u.a. in der Vessel Gallery in London, in dem Museum of Fine Arts in Houston und im Corning Museum of Glass in New York.
Diverse weiße wie auch farbige Arbeiten der Künstlerin sind in unterschiedlichen Variationen in der Galerie zu bestaunen. Die 360° Betrachtung ermöglicht es immer wieder unterschiedliche Lichtreflexe wahrzunehmen, um dadurch neue Eindrücke der Glasskulptur zu gewinnen.